Engagement
in Kindertagesstätten
 

KINDERGARTEN

Und es gibt Hundert doch
Ein Kind
ist aus hundert gemacht.
Ein Kind
hat hundert Sprachen,
hundert Hände,
hundert Gedanken,
hundert Weisen zu denken,
zu spielen,
zu sprechen.
Hundert, immer hundert Weisen
zu hören,
zu staunen,
zu lieben.
Hundert Freuden
zum Singen,
zum Verstehen.
Hundert Welten zu entdecken,
hundert Welten zu erfinden,
hundert Welten zu träumen.
Man sagt ihm, es soll
ohne Hände denken,
ohne Kopf handeln,
nur hören und nicht sprechen,
ohne Freuden verstehen,
nur Ostern und Weihnachten
staunen und lieben.
Man sagt ihm, es soll
die schon bestehende Welt entdecken.
Und von hundert Welten
werden ihm neunundneunzig
geraubt.
Man sagt ihm, dass
Spiel und Arbeit,
Wirklichkeit und Phantasie,
Wissenschaft und Vorstellungskraft,
Himmel und Erde,
Vernunft und Träume
Dinge sind,
die nicht zusammenpassen.
Ihm wird also gesagt,
dass es Hundert nicht gibt.
Ein Kind aber sagt:
„Und es gibt Hundert doch.“

 

Loris Malaguzzi (1920 – 1994)
Aus: Hundert Sprachen hat das Kind.
Die deutsch-italienische Originalausgabe.
Herausgegeben von Reggio Children, 2002.
Beltz-Verlag